Energiepauschale für Rentnerinnen und Rentner

 

Am 4. September 2022 ist ein drittes Entlastungspaket von den Koalitionsparteien vorgestellt worden. Eine dieser Maßnahmen ist eine Einmalzahlung an Rentnerinnen und Rentner in Höhe von EUR 300. Dabei soll für gesetzlich Rentenversicherte die Deutsche Rentenversicherung als Auszahlungsstelle für diese Bundesmittel dienen. Die Rentnerinnen und Rentner von berufsständischen Versorgungswerken blieben, ebenso wie beispielsweise die pensionierten Landesbeamten, in der beschriebenen Maßnahme unerwähnt. Die ABV hat daher umgehend die Mitglieder des Koalitionsausschusses, beginnend mit Herrn Bundeskanzler Olaf Scholz, die am 3. September an der Aushandlung des Pakets beteiligt waren, sowie die beteiligten Ministerien angeschrieben und um die Korrektur dieser verfassungswidrigen Regelungslücke gebeten. Gegenüber dem federführenden Bundesministerium für Arbeit und Soziales wurde noch einmal gesondert zur Formulierungshilfe der Ampelkoalitionen für den Entwurf eines Gesetzes zur Zahlung einer Energiepreispauschale an Renten- und Versorgungsbeziehende und zur Erweiterung des Übergangsbereichs Stellung genommen. Am 30. September wurden zusätzlich alle Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder auf die Ungleichbehandlung hingewiesen und um Abhilfe gebeten.

 

Die Bundesregierung stellt sich dessen ungeachtet ausweislich der Antworten der Bundesministerien für Arbeit und Sozialordnung (BMAS) sowie für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) auf den Standpunkt, dass es Sache der Länder sei, sich um die Energiepreispauschale von Rentnerinnen und Rentner der berufsständischen Versorgungswerke zu kümmern. Dies deshalb, weil die berufsständischen Versorgungswerke in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fielen. Grund für die Ausnahme von der Zahlung des Bundes sei in erster Linie, dass die berufsständischen Versorgungseinrichtungen auf Landesrecht beruhten. Ob die Rentnerinnen und Rentner dieser Versorgungswerke eine Energiepreispauschale entsprechend beispielsweise den Rentnerinnen und Rentnern der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten sollen und wer diese finanziere, sei deshalb eine Frage, die auf Landesebene angestoßen und beantwortet werden muss, heißt es im Schreiben des BMAS. Das BMWK äußert zwar grundsätzlich Verständnis für unser Anliegen. Die finanzielle Belastung durch steigende Energiepreise treffe alle Bürgerinnen und Bürger. Die Regelungskompetenz für die berufsständischen Versorgungseinrichtungen liege allerdings bei den Ländern. Ob die Leistungsbeziehenden dieser Versorgungswerke eine Energiepreispauschale erhielten und wie diese finanziert werde, sei deshalb eine Frage, die auf Landesebene angestoßen und beantwortet werden müsse.

 

ABV hält diese Auffassung rechtlich für nicht haltbar. Es geht hier nicht um eine Gesetzgebung, die die berufsständischen Versorgungswerke betrifft; es geht um eine Entlastungsmaßnahme für Bürgerinnen und Bürger, die Rente beziehen, die aus allgemeinen Steuermitteln aufgebracht wird. Mittlerweile liegt uns auch eine Antwort aus dem Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen vor. In dieser wird unsere Auffassung bestätigt, dass die Energiepreispauschale eine Entlastungsmaßnahme für Bürgerinnen und Bürger, welche Rente beziehen, die aus allgemeinen Steuermitteln aufgebracht wird. Da es sich eben nicht um eine beitragsfinanzierte Rentenleistung, sondern um eine steuerfinanzierte Sozialleistung handele, habe „der Bundesgesetzgeber sehr wohl die Kompetenz, die Energiepreispauschale auch den Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger zukommen zu lassen“, heißt es darin. Demgegenüber haben die Länder am 28. Oktober 2022 im Bundesrat einen Prüfauftrag (Bundesrats-Drucksache 523/1/22) hinterlegt, verschiedene bisher nicht berücksichtigte Gruppen, darunter auch die Rentenbezieherinnen und Rentenbezieher der berufsständischen Versorgungswerke, in künftigen Entlastungspaketen zu bedenken. Wir gehen daher davon aus, dass die Länder genauso wie wir den Bund in der Verantwortung sehen. Es geht ja gerade nicht um die berufsständische Alterssicherung selbst, sondern um einen Lastenausgleich für alle Energiekonsumenten. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Frau Kerstin Griese, MdB, sagte in der 1026. Plenarsitzung des Bundesrates zu, dass die Bundesregierung ernsthaft prüfen werde, welche Gruppen bisher keine Energiepreispauschale erhalten haben und wie sie ihnen gewährt werden kann. Allerdings hat sie noch nicht spezifiziert, ob dies für alle Gruppen geprüft wird, und natürlich bleibt bei dieser Einlassung grundsätzlich auch offen, mit welchem Ergebnis. Die Ministerpräsidentin des Saarlandes, Anke Rehlinger (SPD), ging in dieser Hinsicht einen Schritt weiter und versicherte, die Bundesländer wollten sich beim Bund dafür verwenden, dass auch die Rentenbezieherinnen und Rentenbezieher berufsständischer Versorgungseinrichtungen in den Genuss der Energiepreispauschale kämen.

 

Sollte dem so sein, so blieben als Ultima Ratio wohl nur noch Verfassungsbeschwerden von Betroffenen.